Skip to content

Rennbericht Inferno Triathlon 2021

Vorgeplänkel
Nach der Teilnahme am HelveticMan 2019 sollte es für 2020 wieder eine Langdistanz sein. Am Inferno Triathlon konnte ich schon einmal finishen (Rennbericht 2013) und die Zeit hat mich die Härten dieses Wettkampfs erfolgreich verdrängen lassen. Also auf und den Anmeldebutton gedrückt. Leider überfiel kurz darauf ein böses kleines Käferchen die Welt und das Thema Triathlon Wettkämpfe war - wie so vieles andere auch - gestrichen. Das OK vom Inferno liess den Teilnehmern die Wahl, den Startplatz auf 2021 zu verschieben oder das Geld zurückzuerhalten. Ist ja logisch, dass für mich damit die Saisonplanung 2021 begonnen hatte. Fast forward, und wir schreiben 2021. Die Freibäder sind geöffnet und ich schaffe es sogar tatsächlich, ein paar Kilometer Schwimmvorbereitung zu absolvieren. Also so ungefähr 20... Dafür holte ich mir erste Grundlagen an den Festive500 und gönnte mir im Juni 2x300km innerhalb von 7 Tagen. Bergläufe sind sowieso kein Problem, der Gempen lässt von den Mittagstrainings her grüssen.

Materialtag
Der Freitag vor dem Inferno steht wie immer für viel Autofahren und Logistik. Es muss das ganze Material entlang der Strecke verteilt werden, dazu gegen Abend das (virtuelle) Athletenbriefing, letzte Pasta und dann früh ins Bett. Nur: Melanie und Töchterchen reisen per Zug an und müssen am Bahnhof abgeholt werden. Kurz, ich bin schon fertig, bevor es überhaupt angefangen hat :-)

Bereit zur Abfahrt


Das Rennen
Der Wecker klingelt mich nach einer unruhigen Nacht früh aus dem Bett. Ich esse noch eine letzte Kleinigkeit und dann gehen wir alle zusammen ins Startareal beim Strandbad Thun. Die Wettkampfstimmung zieht mich mit und so langsam schiesst das Adrenalin ein. Neo zumachen, letzte Bussis für Frau & Kind und ab geht es ins Wasser. Weit entfernt am Horizont grüsst das Schloss Oberhofen. Das Wetter lässt auf einen prächtigen Tag hoffen und ehe ich mich versehe, fällt auch schon der Startschuss. Ich habe es nicht sonderlich eilig und laufe recht gemütlich die ersten flachen Meter im Wasser. Irgendwann wird es dann doch zu tief und ich suche mir ein paar gute Füsse. So gleiten wir also in Richtung der aufgehenden Sonne und ich geniesse das kühle Wasser, schliesse die Augen und schwimme fast schon meditativ.

Bereit zum Start
Es geht los! Inferno 2021 yeah!


In Oberhofen angekommen ist das Umziehen (bzw die Nacktheit) unerwünscht und so darf ich mich ins Umkleidezelt begeben. Welches keine Seitenwände hat... Und schon geht es auf dem Rennvelo weiter. Der Aufstieg nach Sigriswil war mir noch in Erinnerung, aber dass es durchaus wellig bis Beatenberg weitergeht, hatte ich vergessen. Macht nichts, bleibt mehr Zeit um die Umgebung zu geniessen. Rasant geht es runter nach Unterseen, durch Interlaken und auf der schönen Uferstrasse dem Brienzersee entlang. Wegen einer Baustelle ist die Nebenstrasse nach Meiringen umgeleitet und der zerrissene Beton der Ausweichstrasse schüttelt uns Teilnehmer ordentlich durch. Der Aufstieg zur Aareschlucht bzw dem Abzweiger zur Grossen Scheidegg ist mein Angststück, da eng und viel motorisierter Verkehr. Glücklicherweise gab es nur wenig grenzwertige Überholmanöver. Es ist wirklich schade, dass es hier keine Alternative zur Hauptstrasse gibt. Auch hoch zur Grossen Scheidegg waren ziemlich viele Autos in beide Richtungen unterwegs und die Rücksicht gegenüber den schwächeren Verkehrsteilnehmern nur begrenzt vorhanden. Zum Glück ist beim Rosenlaui für die meisten Schluss und wir haben die Strasse für uns. Es wird auch immer wie anstrengender, der Pass mit fast 1400hm Aufstieg ab Meiringen nicht zu unterschätzen. Dafür kann ich meine Fähigkeiten auf dem Downhill nach Grindelwald ausspielen und etwas Zeit gutmachen.

Genussvolles Fahren mit dem Niesen im Hintergrund
Harter Anstieg in der Mittagshitze zur Grossen Scheidegg


Beim Wechsel auf das Mountainbike unterstützt mich Melanie und Töchterchen schwenkt begeistert das selbstgebastelte "Hopp Papi"-Plakat. Seit 2013 hat sich im Aufstieg zur Kleinen Scheidegg einiges verändert. Die Streckenführung ist anders und es hat viel mehr Teer-Anteil. Steil ist es geblieben und mir machen Magenkrämpfe zu schaffen. Auf Höhe Alpiglen muss ich absteigen und mich kurz hinsetzen. Zum Glück erhole ich mich recht schnell und kann weiterfahren. Die Distanz wie auch Temperatur fordern unterdessen ihren Tribut und unser Tempo ist - vor allem im Vergleich zu den immer wieder vorbeibrausenden Staffel-Teilnehmern - sehr gemächlich. Im obersten Teil - auch hier mit seit 2013 geänderter Routenführung, jetzt der mir wohlbekannten Linie des SwissMan folgend - steigen wir immer wieder ab und schieben... Zum Glück hat alles irgendwann ein Ende, oder zumindest eine Veränderung und so kann ich mich in die Abfahrt stürzen. Auf den Gravelwegen lässt es sich zügig rollen, die Singletrails sind auch fahrbahr und mit quietschenden Bremsen komme ich am Talgrund bei Lauterbrunnen an. Jetzt nur noch ein bisschen auf der Hauptstrasse bis Stechelberg rollen, und schon wäre auch diese Wettkampfphase abgeschlossen.

Es grüsst der Eiger den Biker


Keine zu klein ein Fan zu sein <3


In Stechelberg ziehe ich meine Laufhose an, freue mich über meine mich anfeuernde Familie und schon geht es leicht abwärts zurück nach Lauterbrunnen. Diese Strecke rollt prächtig und erlaubt es mir, meine Kräfte für den nun folgenden Aufstieg über fast 2200hm bis aufs Schilthorn zu sammeln. Hier ist Erfahrung und Selbsteinschätzung das wichtigste Gut. Nie überziehen, nie stressen lassen, den Puls immer im optimalen Ausdauerbereich halten. Das heisst aber auch, grosse Teilstücke zu wandern, sich nicht von überholenden Athleten mitziehen lassen. So gewinne ich gleichmässig an Höhe, erreiche die Grütschalp und kann das recht flache Teilstück bis Mürren mit gutem Tempo hinter mich bringen. Oberhalb von Mürren ist dann Schluss mit Lustig: Es wird richtig steil und ruppig und ich nutze jede Verpflegungsstation für Nachschub von Schwarzem Gold (Cola ;-) ). Zeitweise bin ich mit anderen Athleten gleichauf und wir plaudern ein bisschen, das vertreibt die Zeit. Irgendwann ist erreichen wir die Seewlifura, der Schlussanstieg wird sichtbar und ich mobilisiere meine Reserven. Hier zahlt sich der defensive Anstieg aus und ich kann noch diverse Teilnehmer überholen. Oben auf der Plattform steht Melanie und ich laufe mit Töchterchen gemeinsam durchs Ziel. Geschafft!

Im Aufstieg zur Grütschalp


Top Stimmung in Mürren
Zieleinlauf. Schwer zu sagen, ob Vater oder Tochter stolzer waren :-)


Ein stolzer Vater und Finisher nimmt kurz darauf die Gondel und wir gleiten zurück nach Mürren, wo wir auf meine Eltern treffen und gemeinsam im Hotel bei einem feinen Znacht den erlebnisreichen Tag zum Abschluss bringen.

Jipppiiieee!!!!

Der GempenMan

Letzten Samstag bot sich mir unerwartet die Möglichkeit, eines meiner Hinterkopf-Projekte kurzfristig zu verwirklichen. Wegen der Absage von allen Triathlon-Wetterkämpfen, bei denen ich 2020 gemeldet war, wollte ich meinen privaten Triathlon zuhause veranstalten. Wer mich kennt, der weiss, dass dabei natürlich möglichst viele Höhenmeter im Spiel sein müssen. Was läge also näher, als die Strecken auf den Gempen zu legen?

Aus diversen Gründen (Herbst, Temperaturen, Trainingsstand) beschloss ich, eine Distanz zwischen OD und MD zu planen. In der Folge kam dabei der GempenMan Short heraus:
- Schwimmen 1500m
- Velo 3x Gempen (55km/1500hm)
- Rennen 1x Gempen (15km/500hm)

Das Schwimmen
Für mich im Vorfeld ein Thema, welches mit vielen Fragezeichen versehen war. Ich bin 2020 ausser einem Versuch, im Thunersee nicht zu ertrinken, genau 0 (null) Meter geschwommen. Interessanterweise ging es im 25er Becken des Hallenbad Muttenz aber besser als gedacht, ich bin die gesamte Distanz ohne Pause in immerhin 1:48 auf 100m durchgeschwommen. Das ist nicht schnell, aber auch kein Treibholz. Nach dem Schwimmen zog ich gleich meine Veloklamotten an und fuhr die 300m zu mir nach Hause, um die Schwimmsachen zu deponieren.

Hallenbad Muttenz


Das Velofahren
Die drei Gempenbefahrungen waren so geplant, dass ich mich möglichst wenig auf vielbefahrenen Strassen aufhalten muss. Der erste Aufstieg von Muttenz her führt über die für Autos gesperrte Strasse durch den "Langen Strick" via Schönmatt zum Gempen, danach Abfahrt über Nuglar - Sichteren nach Liestal. Bei der Psychiatrischen Klinik gehts über die Schauenburg-Strasse zurück zum Gempen. Erneute Abfahrt, diesmal nach Dornach und über die Hochwald-Strasse mit etwas Verkehr und übel steil erneut hoch. Zum Schluss nochmals über den Langen Strick zurück nach Muttenz.

Anstieg zum Langen Strick
Einsame Waldstrasse beim Langen Strick
Auf der Schönmatt
Gempen #1
Bei Nuglar
Aufstieg Schauenburgertal
Schöne Herbstfarben im Schauenburgertal
Bei den Stollenhäusern
Gempen #2
Die Strasse nach Hochwald
Von Hochwald nach Gempen
Gempen #3


Ich fühlte mich auf dem Velo sehr wohl, auch weil ich es recht locker anging - sofern man bei Steigungen von 10 bis 15% und einer minimalen Übersetzung von 36 zu 32 von locker sprechen kann. Glücklicherweise habe ich dieses Jahr schon einige Kilometer und auch Höhenmeter in die Beine gekriegt... :-)

Ankunft T2


Der Berglauf
Wie üblich freute ich mich auf den Schlussgang des Triathlons. Laufen ist für mich Freude an der Bewegung und fühlt sich einfach natürlich an. Trotzdem wählte ich die kürzestmögliche Version, auf den Gempen zu kommen, schliesslich sprechen wir vom GempenMan Short, und 15km und 500hm für die Laufstrecke reizen diesen Begriff schon ordentlich aus. Aufgrund der nicht vorhandenen triathlonspezifischen Vorbereitung wie auch des Genusses von alkoholischen Getränken am Vorabend war ich etwas langsamer als normal unterwegs. Freude hat es trotzdem gemacht und ich konnte das Lauf-Erlebnis ein bisschen länger geniessen.

Die Rütihard
Einsame Waldwege
Die Schönmatt-Treppe
Nochmals zu den Stollenhäusern
Gempen #4
Schön wie immer :-)

Dort "hinten oben" war ich schon ganz oft ;-)


Das Beste kommt zum Schluss
Unterwegs hatte ich viel Zeit, mir über den Gempen, Triathlon und die Welt Gedanken zu machen. Viele Leute mussten dieses Jahr ihre sportlichen Pläne begraben oder neu definieren. Es wurden nur wenige Triathlons ausgetragen. Wie wäre es also, wenn ich mein Erlebnis auch anderen Athleten ermöglichen könnte? In mir reifte der Gedanke, einen quasi "virtuellen" Wettkampf durchzuführen. Jeder kann nach Anmeldung zum von ihm gewünschten Zeitpunkt antreten. Der Wettkampf ist self supported und verlangt Organisations- und Orientierungstalent. Ich stelle den Hinterhof unseres Hauses als Wechselzone zur Verfügung und führe eine Liste der Finisher. Und als Belohnung spendiere ich ein Finisher-Bier.

Das Resultat meiner Überlegungen ist die Webseite GempenMan, wo Du Dich über den Anlass informieren und registrieren kannst. Es würde mich freuen, Dich hier in Muttenz am GempenMan zu treffen.




Noch zwei Tage bis zum HelveticMan

Am Samstag findet der HelveticMan statt.

So langsam kribbelts ganz ordentlich. Die letzten Einheiten sind gemacht und das Tapering seit gestern soll jetzt noch das ganze abrunden. Yeah!!!

Ein letztes kurzes Training am Gempen
Ein letztes kurzes Training am Gempen

Rennbericht Swissman Xtreme 2017

Vorgeschichte
Wir schreiben den November 2016 und es ist mal wieder an der Zeit, die Wettkampfplanung für 2017 zu starten. In den letzten Jahren sind einige interessante Extrem-Triathlons entstanden, doch nach den Erfahrungen mit dem Evergreen Triathlon 2015 wollte ich weder an einer Erstaustragung teilnehmen, noch im September starten, da dann mein Berg-/Hochtourensommer wegen der Vorbereitungen und des Wettkampfs praktisch gestrichen wird. Und während ich also am suchen bin, stosse ich zufällig wieder auf die Homepage des Swissman Xtreme welchen ich 2014 schon einmal finishen durfte. Ich erinnerte mich an einen schönen Tag, mein Mausfinger machte sich selbstständig und schwupps!, schon hatte ich auf "Anmelden" geklickt. Am 20. November bekam ich die schriftliche Bestätigung meiner Teilnahme und damit war das Ziel für 2017 gesetzt.

In der Vorbereitung hielt ich mich an Wohlbewährtes: Viele lange Grundlagenkilometer auf dem Rad, das einwöchige Trainingslager bei Philipps Bike Team in Mallorca im März und viele Höhenmeter. Das Laufen setzte ich dieses Jahr etwas zurück zugunsten der Radzeit. Schwimmen kann ich bekanntlich, darum holte ich mir die Kraft beim Klettern und habe kurz vor dem Wettkampf zur Angewöhnung noch ein paar Mal im Freibad ein paar Längen geschwommen (9km insgesamt...). Ein Highlight war meine Nonstopfahrt von Muttenz nach Peiting in Oberbayern mit 315km Gesamtdistanz im Mai. Dadurch kamen fast 5000 Radkilometer mit 45'000hm und 500 Laufkilometer mit ca. 7000hm seit 1. Januar 2017 zusammen. Leider wurde ich knapp drei Wochen vor dem Wettkampftermin vom 24. Juni krank und blieb dies mit Höhen und Tiefen bis in die Woche vor dem Wettkampf. Wirklich halbwegs fit fühlte ich mich erst wieder ab dem 20. Juni...

Am Freitag fuhr ich mit meinen bewährten Supportern Melanie und Lothar mit vollgepacktem Auto nach Ascona, wo wir im Hotel zwar freundlich begrüsst wurden, allerdings mit dem Hinweis, wir hätten vom Samstag auf den Sonntag gebucht! Glücklicherweise konnten wir trotz des Ascona Jazz Festivals in einem anderen Hotel zwei Zimmer auftreiben, sonst wäre die Situation heikel geworden. So aber gingen wir am Nachmittag zur Rennbesprechung und danach recht früh ins Bett.

Wir verewigen uns auf dem Swissman Xtreme 2017 Plakat
Wir verewigen uns auf dem Swissman Xtreme 2017 Plakat


Race Day
Um 02:15 klingelte der Wecker und das Adrenalin des Wettkampftags machte sich zum ersten Mal bemerkbar. Nach einem kurzen Frühstück fuhren wir zum Lido, bereiteten die Wechselzone vor und gingen gemütlich zur Schiffsanlegestelle in Ascona. Pünktlich um 04:15 fuhr das Schiff los, obwohl das im Vorfeld unsicher gewesen sein muss: Allen Schweizer Angestellten der Schiffahrtsgesellschaft wurde nämlich per Ende 2017 gekündigt und sie befanden sich seit 23. Juni im Streik. Für den Swissman haben sie aber eine Ausnahme gemacht. Vielen, vielen Dank dafür!

Ready for Race!
Ready for Race!


Auf dem Schiff traf ich meine Bekannte Julia und Felix aus dem Triathlon Szene Forum war auch mit dabei. Der Start wie immer zwischen den beiden Inseln und mit dem Geläute von Kuhglocken und Gänsehaut auf dem Rücken. Irgendwie verpasste ich es, mir ein paar gute Füsse zu suchen und war ziemlich allein auf weiter Flur. Nun gut, dann soll es diesmal wirklich meine Eigenleistung beim Schwimmen sein und ich genoss meine einsame und meditative Linie im angenehm warmen Wasser im beginnenden Tag. Nach ca 1:05h kam ich relaxed aus dem Wasser, wo ich von Tolga (der verrückte Batman-Athlet den ich von der Evergreen Endurance kenne) abgeklatscht wurde und nach einem nicht sonderlich hektischen Wechsel sass ich auf dem Velo und rollte mit angenehmer Windunterstützung in Richtung Bellinzona.

Die diversen kleinen Anstiege drückte ich wohlweislich nicht durch, sondern versuchte pulsorientiert flüssig zu fahren. Nach Biasca der erste Support mit Schmerzen im unteren Rücken, vermutlich durch die ungewohnte Belastung der Aero-Haltung. Das hätte ich vielleicht ein paar Einheiten mehr trainieren dürfen.

Autsch, mein Rücken!
Autsch, mein Rücken!


Da aber hinter Biasca der Anstieg zum Gotthard beginnt, war das Thema Aero sowieso durch und ich konnte meine Stärken am Berg ausspielen. Immer schön gleichmässig kurbelnd kletterte ich nach Airolo, wo ich mir einen Schluck Cola Zero gönnte und mit frischem Mut nahm ich den Anstieg nach Motto Bartola und weiter auf der alten Kopfsteinstrasse (Strada Tremola) zur Passhöhe. Unterwegs lernte ich Robert aus Schottland kennen, mit dem ich mich während des ganzen Aufstiegs unterhielt. Auf dem Gotthard nur kurzes Nachfüllen der Vorräte und los ging die wilde Abfahrt nach Hospental. Zum Glück hat es unterwegs keine Geschwindigkeitskontrollen :-)

Die letzten Meter auf der Tremola
Die letzten Meter auf der Tremola
Shaka!
Shaka!


Auf der Strasse nach Realp profitierten wir vom Rückenwind, welcher uns beängstigend schnell das Tal hochschob. In Realp beginnt der härteste Radteil des Swissman Xtreme: Der Furka-Pass ist mit 900 Metern Anstieg bis 2429m Höhe, Steigungen bis über 12% und 13 Kilometern Länge ein echter Kracher und kann einen gnadenlos fertig machen. Zum Glück bin ich am Wochenende vorher (und schon ein paar weiter mal in den letzten Jahren) den Pass gefahren und wusste genau, was mich wann und wo erwartet.

Supporter-Action am FurkapassSupporter-Action am Furkapass
Supporter-Action am Furkapass


Unterwegs gab es wegen des vielen Verkehrs immer wieder kleine Staus, an welchen ich als Radfahrer aber problemlos vorbeifahren konnte. So kam ich zwar etwas schnaufend aber gut auf der Passhöhe an und stürzte mich in die Abfahrt nach Gletsch. Auch hier war ich wieder froh, dass die Polizei keine Blitzer aufgestellt hatte. Am Grimsel bekam ich dann eine erste kleine Krise, weil der heftige Wind einen teilweise fast zum Stillstand brachte. Da musste ich viel Geduld aufbringen, damit ich mich nicht zu hart forderte, was sonst unweigerlich zu einem späteren Zeitpunkt im Rennen zurückgeschlagen hätte. Auf der Grimsel Passhöhe war Nebel und die eigentlich sehr schöne Abfahrt war im oberen Teil eher eine triste und kühle Angelegenheit. Oberhalb von Guttannen kam ich in einen Stau und beim vorsichtigen Vorfahren zu einem bösen Unfall mit drei Motorradfahrern. Ich durfte gehend den Unfall passieren und rief danach Melanie an. Davon ausgehend, dass die Strasse bald geräumt sein wird, einigten wir uns darauf, dass ich schlimmstenfalls im Brienz ein bisschen warte, bis sie wieder auf mich aufgeschlossen haben wird. Also fuhr ich weiter und unterhalb von Guttannen in einem Tunnel kam ich an einen zweiten, vor wenigen Minuten erst passierten Unfall mit einer Velofahrerin, welche offensichtlich schwerst verletzt oder tot war. Da schon ein paar Personen Erste Hilfe leisten, fuhr ich weiter, doch der Drive war draussen und mir wurde bewusst, dass dies kein normaler Wettkampftag sein würde. Ich rollte gemütlich nach Innertkirchen und weiter an der Aareschlucht vorbei nach Brienz. Ob Melanie und Lothar mich in brauchbarer Zeit einholen würde, war unklar. Es war mir aber irgendwie auch egal, dann ein paar Minuten früher hätte ich an dieser Stelle sein können, wo der Unfall passiert war.

In der Wechelzone in Brienz war ein wildes Durcheinander von Athleten und Helfern, einige konnten unterwegs von ihren Supportern erreicht werden und nahmen ihre Schuhe mit, andere (wie ich) waren zur Untätigkeit verdammt. Etwas später traf auch Felix ein, dessen Laufbegleitung Rally mit dem Zug angereist war, und zufällig ein zweites Paar Schuhe dabei hatte, welche mir zwar drei Nummern zu klein waren, aber egal, der Tag ist eh schon gelaufen, und dann wandere ich halt statt zu rennen. Irgendwie wollte ich dann doch weiter, mochte kein "Unfinished Business" machen. Wir warteten noch auf Julia, der es unterwegs auf dem Rad gar nicht gut gelaufen war, und wanderten gemeinsam los. Unterwegs war viel Zeit, das Gesehene zu bereden und verarbeiten und irgendwann kamen wir auch wieder in einen leichten Laufschritt, nur unterbrochen von diversen Busch- und Wanderpausen an den teils heftigen Steigungen entlang des Brienzer Sees. Ich erfuhr, dass Melanie dem Alex (Mann und Supporter von Julia, mit dem Rad von hinten auf uns aufschliessend) mein zweites Paar Laufschuhe mitgegeben hatte, welches ich dann tatsächlich nach etwa 17 Kilometern erhielt. Wir machten unterwegs noch Witze, dass Alex uns dann eingeholt haben würde, wenn auch Melanie (welche zurück über Grimsel, Furka und Susten-Pass nach Brienz gefahren war) wieder an die Strecke käme. Stimmte nicht ganz, er war ca. 500m früher! In Wilderswil trafen wir uns dann endlich alle wieder, ich zog meine normalen Laufschuhe an, den Trinkrucksack und nahm etwas Verpflegung mit. Felix hatte sich wegen Problemen zurückfallen lassen, doch Julia und ich konnten weiter das Tal hoch in Richtung Grindelwald laufen, immer wieder von Gehpausen an den Steigungen und wegen der Hitze regelmässigen Besuchen an den zahlreichen Brunnen unterbrochen. Ich musste wegen der mangelhaften Ernährung auf den ersten Laufkilometern und dem langen Unterbruch in der Wechselzone büssen, mein Verdauungssystem kündigte sein Versagen an und ich konnte ausser meinen Koffeingummibärchen nichts mehr zu mir nehmen.

Kurze Verpflegung unterwegs
Kurze Verpflegung unterwegs
Mit Julia und Alex unterwegs
Mit Julia und Alex unterwegs


Melanie bereitet sich für den finalen Anstieg zur Kleinen Scheidegg vor
Melanie bereitet sich für den finalen Anstieg zur Kleinen Scheidegg vor
In Grindelwald
In Grindelwald


Irgendwann trafen wir in Grindelwald ein, wo ich Julia nochmals bat, ihr eigenes Tempo zu gehen, da ich mit ihr nicht mehr mithalten konnte. Vorher lehnte sie dieses Ansinnen immer ab, wofür ich ihr sehr dankbar bin, weil ich nicht allein nach den ganzen Erlebnissen unterwegs sein musste. Aber jetzt war Melanie da, und zusammen liefen wir langsam, aber Schritt für Schritt den steilen Weg hoch zur Brandegg, wo sich das Gelände endlich etwas zurücklehnt. Zwischenzeitlich musste ich mich hinsetzen, da ich nicht mal mehr ein kleines Schlückchen Cola zu mir nehmen konnte und total in den Hungerast gekommen war. Dank des gemächlichen Tempos beruhigte sich zum Glück mein Magen und nach Alpligen konnte ich endlich ein paar Schlucke Cola nehmen, dessen Zucker meine Fettverbrennung wieder ankurbelte und mir die nötige Energie für die verbleibenden Höhenmeter zur Kleinen Scheidegg verschaffte. Unterdessen war es eingedunkelt, doch die Stirnlampen blieben im Rucksack und wir genossen die Wanderung im letzten Dämmerlicht. Irgendwann waren wir oben, wo wir auf Lothar trafen und mit ihm zusammen beim Klang der Kuhglocken die Ziellinie überschreiten durften. Die Bouillon danach brachte mich wieder zur Kräften und bald schon waren wir im Zug nach Grindelwald, wo wir unser Hotel gebucht hatten und ich in einen tiefen und erholsamen Schlaf fiel.

Erfolgreicher Finish mit meinen Supportern Melanie und Lothar
Erfolgreicher Finish mit meinen Supportern Melanie und Lothar


Müde aber happy im Zug nach Grindelwald
Müde aber happy im Zug nach Grindelwald


Am nächsten Morgen ass ich das Frühstücksbuffet leer und danach nahmen wir im strömenden Regen die Bahn zur Kleinen Scheidegg, wo die Finisher-Zeremonie stattfinden sollte. Wir zweifelten an der Durchführung wegen des Wetters, aber pünktlich zum Start hörte der Regen auf und wir genossen nochmals das Zusammensein mit den vielen Athleten und Supportern. Julia und Felix waren natürlich auch da und wir feierten den erfolgreichen Abschluss unseres Wettkampfs, den wir ungeplant während vieler Stunden gemeinsam bestritten hatten.

Finisher-Zeremonie
Finisher-Zeremonie


Fazit
Es ist für mich schwer, den Tag zu beurteilen. Einerseits war ich sehr gut auf Kurs und hätte voraussichtlich eine für mich tolle Zielzeit erreichen können. Das war mir wegen der Unfälle und damit verbundenen Schwierigkeiten nicht vergönnt. Andererseits durfte ich tolle Kameradschaft erfahren, sei das unterwegs mit Julia und Felix, aber auch mit meinen Supportern Melanie und Lothar, sowie Rally, Alex und Simone. Das ist mir mehr wert wie die nackten Zahlen einer Ankunfszeit und entspricht dem Verständnis des Swissman Xtreme, dass Zeiten unwichtig, das gemeinsame Erlebnis, das Familiäre und das Abenteuer aber extrem wichtig sind. So gesehen war dieser Tag für mich ein Gewinn und ein Erlebnis, an welches ich noch sehr lange zurückdenken werde.

Melanie hat ihre Eindrücke dieses Tages in einem eigenen Artikel festgehalten.

Felix, Julia und ich
Felix, Julia und ich