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Rennbericht Swissman Xtreme 2023

Prolog
Schon 2014 und 2017 durfte ich beim SWISSMAN XTreme Triathlon finishen und damit hätte es auch gut sein können. Denn 2018 kam unsere Tochter auf die Welt und danach Corona mit diversen abgesagten Veranstaltungen. Im 2021 juckte es mich dann wieder und ich finishte am Inferno Triathlon. Wegen der Corona bedingten Verschiebungen des HelveticMan hatte ich immer noch einen pendenten Startplatz und so wollte ich 2022 etwas lockerer unterwegs sein und dort teilnehmen. Leider ist dieser tolle Wettkampf ein Opfer der mangelnden Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit der Helfer geworden, sodass er kurz vor der Austragung abgesagt wurde und ich das Jahr 2022 triathlon-los beenden musste. Und in dieser Situation keimte dieser Gedanke, dass eine weitere Teilnahme am SWISSMAN ja doch eigentlich ganz cool wäre. Und als dann die Anmeldung für die Lotterie geöffnet wurde, war ich fast schneller angemeldet, als mein Mausfinger klicken konnte...



Vorbereitung
WIe gesagt, den Wettkampf und seine speziellen Anforderungen kenne ich ganz gut. Also kamen die altbewährten Listen und Zeittabellen wieder zum Einsatz, um Material und Verpflegung zu organisieren. Mein Training ist über die Jahre immer gleich geblieben: Viele Kilometer im Winter - gerne auch mit Marion und Marbod auf dem Lago Maggiore-Ründeli - und ansonsten einfach die Bewegung draussen an der frischen Luft geniessen. Ein paar Kilometer bin ich dann tatsächlich auch noch geschwommen - zumeist widerwillig weil ich den Dichtestress im Schwimmbad nicht ausstehen kann. Der liebste Monat ist mir der frühe Mai, weil dann das hintere 50m Becken in Joggeli schon geöffnet, aber wegen seiner 16-17° Wassertemperatur praktisch leer ist. An meine tolle Berglaufform aus Corona Home Office-Zeiten (Gempen über Mittag und so) konnte ich leider nicht anknüpfen. Als Vorbereitung lief ich den Hohe Winde Halbmarathon, weil gesundheitlich die 42km nicht drinlagen. Wie üblich komme ich eigentlich bis März ganz gut über die Runden, aber dann holen mich erfahrungsgemäss die Grippe, Corona und was sonst noch so rumkrabbelt doch noch ein.

Anreise und Support
Auch dieses Mal stand mir mein Dreamteam (Melanie und Lothi) zur Verfügung, neu ergänzt durch meine Tochter, welche tatkräftige Mithilfe versprach. Am Freitag Morgen reisten wir gemütlich nach Ascona, bezogen unsere Zimmer im Hotel Garni Tiziana in Losone und fuhren danach nach Ascona an den Lido zur Startnummernausgabe. Im Gegensatz zu früheren Jahren im Gemeindezentrum gab es auch keine gemeinsame Zeremonie mehr. Das finde ich sehr schade, da dadurch das Familiäre der Veranstaltung etwas verloren geht. Auch das Briefing ist nur noch online und so sieht man diverse Mitathleten erst am nächsten Morgen auf dem Schiff - oder auch gar nicht.




Schwimmen
Um Punkt vier Uhr müssen alle Athleten in Ascona das Schiff zu den Brissago-Inseln betreten haben, das heisst Aufstehen um 02:15 und dementsprechend sehr frühe Bettruhe. Wir waren sowieso müde von der Reise und um 21:00 lagen alle in ihren Betten. Das Einrichten der Wechselzone beim Lido am nächsten Morgen war routiniert und dank Checkliste auch vollständig und dann liefen wird (Kind auf meinen Schultern - ein erstes Aufwärmtraining) zur Schiffanlegestelle. Dort traf ich wie schon in vergangenen Jahren auf Julia und wir verbrachten die Fahrt zu den Inseln mit Plaudern über vergangene Abenteuer. Wie im Wetterbericht angekündigt wehte der Nordfön und spätestens beim Aussteigen war jedem klar, dass es heute eher ruppig zugehen könnte. An der imaginären Startlinie zwischen den beiden Inseln tanzten die Badekappen der Teilnehmer im Takt der frontal auf uns zurollenden Wellen. Um fünf Uhr ging es los und schon bald kam ich mir wie ein Speedboot vor, welches von Welle zu Welle klatscht. Glücklicherweise hatte ich ein paar halbwegs brauchbare Füsse vor mir, sodass ich auf den ersten zwei Kilometern vom Wasserschatten profitieren konnte. Danach kamen wir etwas in den Windschatten des Ufers und die Wellen wurden kleiner. Die Füsse vor mir schwammen unterdessen für meinen Geschmack etwas zu erratisch mit Drall nach Rechts und so nahm ich mein Glück in meine eigenen Hände und suchte mir meine Linie selbst. Ich kann zum Glück sehr gut geradeaus schwimmen und musste meinen Kopf nur jeden zehnten Atemzug (oder sogar noch seltener) kurz heben. Das war auch ganz gut so, weil unterdessen die Sonne aufgegangen war und uns frontal blendete und das Licht am Ausstieg war nicht mehr zu sehen, auch weil ich wie am Swissman üblich keine getönte Brille trug. Zum Glück konnte ich mich soweit orientieren, als dass die Sonne mehr oder weniger direkt über dem Ausstieg stand, sodass ich einfach nur in Richtung "hell und blendend" schwimmen musste. Ich wunderte mich noch, dass die letzten Male dieses Problem nicht bestand. Und irgendwie wunderte ich mich auch, dass das Schwimmen schon noch irgendwie recht lange dauerte... Beim Ausstieg sah ich kurz auf meine Uhr und da stand 1:31. Huch, ich bin doch keine 1:31 Minuten auf 100m geschwommen? Aber anderthalb Stunden? So lange war ich doch nicht unterwegs gewesen? Gerechnet hatte ich mit einer Zeit von knapp über einer Stunde. Da kam auch schon Melanie zu mir und klärte mich über die Zeitverhältnisse auf, und dass aufgrund der Bedingungen diverse Athleten schon nach kurzer Zeit vom Boot aufgesammelt wurden. Und auch, dass meine Linie ziemlich gut gewesen sein muss, da andere den Ausstieg massiv verfehlt hatten und teils am Ufer entlang gelaufen kamen.

Das Schiff bereit zur Abfahrt


Rennvelo
Mir war etwas flau im Magen, wohl aufgrund des geschluckten Wassers und der Wellen. Kurze Zeit nach Abfahrt kamen auch leichte Krämpfe dazu. Der Nordfön hatte sich richtig schön eingeblasen und wehte uns kräftig entgegen. Dank meinen angeschraubten Zusatz-Aerobars und auch dem regelmässigen Training damit konnte ich mich auf dem Velo sehr klein machen und trotzdem mit lockerer Herzfrequenz einen sehr schönen Schnitt fahren. Lediglich an den steileren Anstiegen ab ca 4% musste ich mich aufrichten und verlor dann auch gleich massiv an Geschwindigkeit. Der Gotthard beginnt bekanntlich hinter Biasca und erfreut mit schönen Serpentinen und steilen Rampen auf dem Weg nach Airolo. Meine Support-Crew tat ihr Bestes um mich zu verpflegen und Töchterchen wünschte mir jedesmal "viel Glück Papi". Die alte Passtrasse auf den Gotthard ist eines der Highlights der Velostrecke: Die "Tremola" ist teilweise gepflästert und steigt stetig mit 10% und mehr. Hinter der Verpflegungsstelle "Motto Bartola" sind die Supporterfahrzeuge auf der Tremola verboten und wir konnten die erstaunlich wenig befahrene Strasse für uns geniessen. Meine Erfahrung bezüglich Pacing und Strecke ist hier viel wert und so kam ich gut gelaunt auf der Passhöhe an. Leider blies bei der folgenden Abfahrt nach Hospental weiterhin ein strammer Gegenwind, sodass ich mein Tempo etwas anpassen musste. Im Vorfeld bin ich testweise mit meinen Citec Hochprofilrädern bei starkem Wind auf schnellen Abfahren gefahren und habe dann beschlossen, dass ich darauf zugunsten der leichteren Bergräder verzichten werde. Der Vorteil der Hochprofiler in flachen Passagen wird am Berg und vor allem bei starkem Wind mehr als aufgehoben. Bis Realp blies mich der Wind das Tal hoch und auch an der Furka konnte ich davon profitieren. Interessanterweise war auch hier relativ wenig Verkehr zu verzeichnen, teilweise waren wir praktisch allein unterwegs und ich hörte nur meinen Atem und das Rauschen der Bergbäche und des Windes. Auf der Passhohe fackelte ich nicht lange und nahm sofort die schnelle Abfahrt nach Gletsch in Angriff. Hier konnte ich es schön laufen lassen und einige Teilnehmer überholen. Der Aufstieg zum Grimsel ist von der langweiligen Sorte, wird aber mit einer wunderschönen Abfahrt nach Innertkirchen belohnt. Eine Woche vor dem Wettkampf befuhr ich diesen Pass zu Akklimatisationszwecken von der Nordseite her und kannte daher die Strecke gut. Dies kam mir sehr entgegen, wobei der starke Gegenwind für deutlich reduzierte Geschwindigkeiten sorgte. An dieser Stelle möchte ich betonen, dass ohne ausreichende Streckenkenntnis und Erfahrung mit Abfahrten von grossen Alpenpässen eine konservative Fahrweise obligatorisch sein muss! So, und jetzt noch kurz über den Buckel bei der Aareschlucht gehüpft und zu meinem Erstaunen drehte hinter Meiringen der Wind, sodass ich kräftig angeschoben mit knapp einem 40er Schnitt und tiefentspannt zur Wechselzone am Brienzer See rollen konnte.


Die berühmte Tremola-Strasse am Gotthard

Den Furkapass hoch

Bei Innertkirchen unter dem Wind durchgeschlüpft


Berglauf
Unterdessen war es richtig heiss geworden und ich nahm in meinem Laufrucksack genug Flüssigkeit mit. Auf den ersten Kilometern ist kein Support möglich und auch danach eher schwierig. Ab Böningen finden sich unterwegs genug Brunnen, um jederzeit etwas trinken zu können. Anfänglich kam ich auch gut voran, bergauf gehend und bergab gut trabend. Die lange Passage am Seeufer und später bei Böningen setzte dann aber meinem Kreislauf ziemlich zu und ich musste mein Tempo reduzieren. Hinter Gsteigwiler zog es mir zum ersten Mal den Stecker und ich setzte mich auf eine Bank, um meine vom Puls entkoppelte Atmung wieder unter Kontrolle zu kriegen. Hier überholte mich Julia mit Alex als Support auf dem Velo und wer nicht dabei war, der würde nicht glauben, wie man aus einer am Velo fix befestigten Flasche trinken kann :-) Danke für euere Unterstützung! Ab jetzt quasi nur noch wandernd setzte ich mich wieder in Bewegung bis Gündlischwand, wo mich meine Supporter ausserplanmässig abpassten und ich nochmals auf einem Bänkli meine Füsse hochlegen konnte. Ab jetzt war klar, dass es mal wieder eine Frage des Willens werden würde, um das Ziel auf der Kleinen Scheidegg zu erreichen. Also weiter, weiter, weiter und Strecke machen bis Grindelwald Grund, wo Melanie mich auf den letzten 10km und über 1000hm begleiten würde. Lothar und Töchterchen nahmen zuerst eine Pizza und dann die Bahn. Und so arbeiten wir uns langsam aber stetig den Berg hinauf, zuerst brutal steil, später dann etwas flacher und oberhalb von Alpiglen lehnt sich das Gelände deutlich zurück. Es war ein wunderschöner, klarer Sommerabend und ich genoss die Stille und die aufgehenden Sterne am Himmel. Irgendwann aber geht auch der längste Tag zu Ende und kurz vor 23:00 erreichten wir den von Fahnen geschmückte Zieleinlauf. Die Glocke bimmelte mich über die letzten Meter und dann war es geschafft. Erleichtert und glücklich drückte ich meine Lieben in die Arme und genoss eine warme Bouillon. Kurz danach war es Zeit, den letzten Sprint des Tages hinzulegen, damit wir die Bahn nach Grindelwald erreichten und gegen 01:00 fielen wir im Hotel todmüde in unsere Betten.

In der Wechselzone Brienz

Grindelwald

Unterhalb von Alpiglen

Das Ziel auf der Kleinen Scheidegg kommt in Sicht

Finito!


Finisherzeremonie
Viel Zeit zum Schlafen bleibt beim SWISSMAN nicht, wer am nächsten Morgen sattgegessen auf der Kleinen Scheidegg stehen möchte, sollte gegen 08:00 wieder aufstehen. Ich zumindest bin nach solchen Efforts am Folgetag immer sehr hungrig und schlug daher tiefe Schneisen ins Frühstücksbuffet. Auf der Kleinen Scheidegg werden die ersten drei Männer und Frauen geehrt und danach versammeln sich alle zum Finisher-Bild. Damit schliesst sich dieser Bericht und mir bleibt nur noch zu sagen, dass es auch diesmal ein wunderschöner Wettkampf in tollem Ambiente war. Hart, lang, fordernd und ganz gewiss unvergesslich.

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