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Rennbericht Swissman Xtreme 2014

Vorbereitung
Am 17. November 2013 bekam ich die Bestätigung für meine Teilnahme am Swissman Xtreme 2014 zugesandt und das war im Prinzip auch der Beginn des Trainings für diesen Wettkampf. Der Leser dieses Blogs wird sich sicherlich an den einen oder anderen Artikel erinnern (Hier oder hier zum Beispiel vom Januar 2014). Anfang März war ich für eine Woche in Mallorca im Velo-Trainingslager wo ich weitere Grundlagenkilometer sammeln konnte. Die Teilnahme am Paris Marathon im April war dann für mich das erste Mal auf den "magischen" 42.2 Kilometern. Danach ging es auf die Hochzeitsreise nach Bhutan; das bedeutete einen Trainingsunterbruch von drei Wochen - allerdings mit Trekking von täglich 5-7 Stunden bis auf 5000m Höhe. Leider fing ich mir gegen Ende der Reise eine Zecke ein und konnte nach der Rückkehr in die Schweiz nicht auf dem gewünschten Niveau weiter trainieren. Mein Hausarzt riet mir zu einer zweiwöchigen Antibiotika-Kur gegen Borreliose welche ich anfänglich erst nach dem Wettkampf durchführen wollte. Nachdem sich mein Gesundheitszustand aber nicht verbesserte zog ich die Kur durch und konnte nach einigen Tagen durchaus eine Verbesserung fühlen. Am Montag letzter Woche war der letzte Tag mit Medikamenten und gegen die Wochenmitte hin spürte ich die Form zurückkommen. Das gab mir Zuversicht für die bevorstehenden Strapazen am Wettkampftag.

Anreise
Mit der offiziellen Supporterin Melanie und dem inoffiziellen Supporter (und Fahrer) Lothar reiste ich am Freitag ins Tessin wo wir unser Hotel bezogen und ich vorsorglich zum Mittagessen zwei Teller Spaghetti Napoli ass. Um 15:00 war Ausgabe der Startunterlagen und Wettkampfbesprechung im Centro Comunale. Danach gingen wir zur Wechselzone beim Lido von Ascona und besichtigten den Ausstieg und die Distanz zu den Brissagoinseln. Danach gabs zum Abendessen - na was wohl? - einen Teller Spaghetti Napoli. Um halb Neun war Nachtruhe da wir um 03:15 schon wieder beim Hotel los mussten um die Wechselzone einzurichten und zur Schiffsanlegestelle zu laufen (ca 10-15 Minuten Fussweg).

Wettkampfbesprechung in Ascona
Wettkampfbesprechung in Ascona


Da hinten rechts sind die Brissago-Inseln
Da hinten rechts sind die Brissago-Inseln


Wettkampf
Nachdem ich trotz Fussball-WM und Jazz-Festival erstaunlich tief und gut geschlafen hatte gingen wir gut gelaunt zur Wechselzone wo ich routiniert mein Velo und Klamotten deponierte. Danach spazierten wir zur Uferpromenade in Ascona. Beim dortigen Schwimm-Checkin erhielt ich den GPs-Tracker und einen kleinen Leuchstab welcher unter der Badekappe zwecks Auffindbarkeit der Athleten zu tragen war. Danach flugs in den Neo geschlüpft und ab ging es auf das Boot welches uns zum Schwimmstart bringen sollte. Auf dem Boot traf ich auf Julia vom Triathlon-Szene Forum und so verbrachten wir die nächste halbe Stunde Fahrzeit gemütlich plaudernd.

Gleich gehts auf das Schiff
Gleich gehts auf das Schiff


Abfahrt des Schiffs zu den Brissago-Inseln
Abfahrt des Schiffs zu den Brissago-Inseln


Auf den Inseln angekommen stiegen 239 Glühwürmchen ins angenehm warme Wasser (irgendwo zwischen den offiziellen 21° und den beim Lido angeschriebenen 19°) und schwammen ein paar Meter vor auf die gedachte Startlinie zwischen der grossen und der kleinen Insel. Vom Start selber bekam ich wegen meiner zwei Badekappen akkustisch nicht viel mit, irgendjemand zählte auf englisch von zehn runter und bei gedachten "seven" oder "six" begannen die Leute loszuschwimmen und ich halt hinterher... Wie üblich hielt ich mich nicht ganz vorne auf und so kam ich ohne grosse Berührungen über die ersten paar hundert Meter. Danach zog sich das Feld in die Länge und ich konnte in einer Dreiergruppe gut mithalten. Der Himmel war klar und nach einiger Zeit sah ich die ersten Sonnenstrahlen auf die Berge links und rechts des Sees treffen. Was für ein wunderschönes Bild! Das Schwimmen war gefühlt fast schon zu schnell zu Ende und am Ufer stand Melanie und begleitete mich in die Wechselzone wo sie mir beim Umziehen behilflich war. Danach sammelte sie das Material ein um es im Auto mitzunehmen.

Mein Velo steht zur Arbeit bereit
Mein Velo steht zur Arbeit bereit


Energy-Riegel im Mund und bereit zur Abfahrt
Energy-Riegel im Mund und bereit zur Abfahrt


Die ersten Meter auf dem Velo führten über die leeren Strassen von Ascona und Locarno, an vielen Kreuzungen standen Sicherungsposten welche den Verkehr regelten und uns so eine reibungslose Durchfahrt trotz Lichtsignalen und Stoppstrassen ermöglichten. Das überraschte mich, war doch im Vorfeld immer kommuniziert worden, dass es keine Absperrungen gäbe und die die Verkehrsregeln verbindlich einzuhalten seien. Die alte Kantonsstrasse führte mich dann etwas wellig in Richtung Bellinzona und Biasca, erlaubte aber trotzdem grosse Teile in Aerohaltung zu fahren. Und danach ging es dann los mit den Höhenmetern: Der erste Anstieg bei Faido sollte mit Bedacht gefahren werden, sonst ist der Ofen schneller aus als einem lieb sein kann bei teilweise über 10% Steigung! Danach geht es nochmals relativ flach bis Airolo weiter und gleich auf der alten Passstrasse hoch nach Motto Bartola zur Supporterzone. Auf diesem Strassenstück macht man erstmals die Begegnung mit dem berühmten Kopfsteinpflaster der "Tremola" und ab Motto Bartola ist die Strasse dann durchgehend bis zur Passhöhe gepflastert und ein mancher, welcher mich anfänglich in hartem Wiegetritt überholte, durfte im oberen Streckenteil zum zweiten Mal meine Bekanntschaft machen. Da lohnt sich die Streckenkenntnis und das Einteilen und gleichmässige Ausnutzen der Kräfte.

Unterhalb Motto Bartola
Unterhalb Motto Bartola (Bild von myracediary.com)


Chefkoch Lothar bereitet die Bouillon vor
Chefkoch Lothar bereitet die Bouillon vor


Tremola (1)
Tremola (1)


Tremola (2)
Tremola (2)


Ankunft auf dem Gotthardpass
Ankunft auf dem Gotthardpass (Bild von myracediary.com)


Auf dem Gotthard verpflegte ich mich mit einer heissen Hühnerbouillon bevor ich mich in die schöne und langgestreckte Abfahrt nach Hospenthal warf. Die Verbindungsstrasse Hospenthal nach Realp ist relativ flach und dank Rückenwind konnte ich sogar teilweise in Aero fahren. Der danach folgende Furkapass hingegen erlaubt solche Spässchen nicht mehr, ist er doch vor allem im unteren Teil bis zu 12% steil und wesentlich länger als ich es in Erinnerung hatte. Unterwegs gönnte ich mir kurz eine Verschnaufpause, als mich Dany (ein weiterer Athlet mit welchem ich mich auf dem Schiff unterhalten hatte) einholte und zur Weiterfahrt motivierte. Es stellte sich heraus, dass er ebenfalls eine kleine Krise hatte und so konnten wir uns gegenseitig bis zur Passhöhe motivieren. Dort gönnte ich mir eine weitere Bouillon und los ging es auf die Abfahrt nach Gletsch. Die breite Strasse mit den vielen schnellen Kurven und Querrinnen fordert beim zügigen Fahren stählerne Cojones um die Angstbremser zu unterlassen :-) Danach sind es "nur" 5 Kehren und etwas über 400 Höhenmeter bis zum Grimselpass wo es - Überraschung! - mal wieder das Wundergetränk Bouillon gab bevor ich mich auf die ewig lange Abfahrt nach Innertkirchen machte.

Grimselpass
Grimselpass


Auf dieser Strecke gibt es ein paar Baustellen und der eine oder andere Auto-Tourist steht einem in den Kurven im Weg herum um danach auf den wenigen Geraden bei 70km/h plus wieder zu überholen und vor der nächsten Kurve erneut auszubremsen... Da hilft nur tief durchatmen und versuchen locker zu bleiben! Der kurze letzte Anstieg bei der Aareschlucht zwischen Innertkirchen und Meiringen forderte nur ein-zwei Mal ein kurzes Antreten und dann ging es auch schon relativ gemütlich trotz Gegenwind zur Wechselzone am Seeufer bei Brienz.

Wechselzone in Brienz
Wechselzone in Brienz


Das Wetter war bis dahin ausnahmslos prächtigst bei wolkenlosem Himmel und dieser Umstand, so wenig er mich üblicherweise auf dem Velo stört, sorgte für etwas Unbehagen bei der Aussicht auf die bevorstehende Laufstrecke. Jene kannte ich vom Vorjahr her als ich einen Freund zwischen Brienz und Grindelwald begleitete, und ich wusste, dass grosse Teile davon hügelig sind und in der prallen Sonne liegen. Zunächst aber betrat ich die Wechselzone wo Melanie ein gemütliches Klappstühlchen aufgestellt hatte und mir beim Umziehen behilflich war. Dann rannte ich die ersten Meter bis zum ersten Anstieg zur Axalp wo ich sofort auf Kampfwandern umstellte um nicht zu überhitzen. Bei den Giessbachfällen konnte ich teilweise nochmals rennen, solange der Weg im Schatten lag oder es bergab ging. Ansonsten musste ich mich mit zügigem Gehen bescheiden und solcherart legte ich die Strecke bis fast nach Wilderswil zurück wo es endlich wieder Schatten gab. Auf der folgenden Strecke nach Zweilütschinen finden sich glücklicherweise eine grosse Anzahl von Brunnen am Wegrand welche ich nutzen konnte um mein Käppi nass zu machen und ab und zu Kopf wie auch Arme ins Wasser zu tauchen. Der Zwischenanstieg nach Burglauenen ist auch dieses Jahr saumässig steil, dafür ist die Strecke danach bis Grindelwald wieder relativ flach und führt der Schwarzen Lütschinen entlang durch einen Wald. Da kann man nochmals etwas Gas geben und sich gleichzeitig "aktiv erholen" für den bald darauf folgenden Endanstieg zur Kleinen Scheidegg. Zuerst aber passiert man die Kontrollstelle in Grindelwald Grund. Jeder Athlet und Supporter benötigen warme Kleidung, Rettungsdecke, Verpflegung und eine Stirnlampe da es schon auf den Abend zugeht und ein Aufstieg im Dunkeln ohne Licht zu gefährlich ist. Nicht dass man abstürzen würde auf den breiten Fahrwegen, aber ein verknackster Knöchel oder Bänderriss, nur weil man in der Dämmerung einen Stein übersehen hat, ist überflüssig. Melanie erwartete mich schon mit dem ganzen Material und so konnten wir uns aufmachen in den letzten Akt dieses Tages. Gleich nach der Kontrollstelle kommt die "Wand", ein fast schon bösartig steiler Weg (den ich von meinem Vorbereitungslauf vor ein paar Wochen kannte) hoch nach Alpiglen. Dort befindet sich nochmals eine Kontroll- und Verpflegungsstelle. Mein Magen war unterdessen etwas mitgenommen und trotz drohendem Unterzucker bekam ich kaum noch ein Gel und Cola runter. Praktischerweise ist der Weg ab hier bis knapp unterhalb der Kleinen Scheidegg relativ flach und so marschierten wir halt etwas gemütlicher die letzte Stunde bis zum Ziel. Jenes lieg nochmals ein paar Höhenmeter über der Bahnstation und darf auf gerölligem Weg erklommen werden für das finale Bergfeeling.

Kurz vor der Kleinen Scheidegg
Kurz vor der Kleinen Scheidegg


Die letzten Meter ins Ziel
Die letzten Meter ins Ziel


Geschafft
Geschafft


Rennleiter Beat Stadelmann begrüsst dort oben jeden ankommenden Athleten persönlich und gratuliert zum Finish. Eine schöne und persönliche Geste! Danach holte Melanie unsere durch die Swissman-Crew auf die Kleine Scheidegg transportierten Ziel-Rucksäcke und ich konnte meine warme Daunenjacke anziehen und ein paar Becher Bouillon und heissen Tee trinken. Kurz darauf nahmen wir auch schon bald die Bahn runter nach Grindelwald wo wir die Zimmer in unserem Hotel bezogen und ich nach einer heissen Dusche innert Sekunden in einen tiefen und erholsamen Schlaf fiel.

Finisherzeremonie
Am Sonntag Morgen fand auf der Kleinen Scheidegg eine kleine Zeremonie statt bei der die jeweils ersten drei Männer und Frauen geehrt, die Finisher-Shirts ausgegeben und die Gruppenphotos gemacht wurden. Dazu wurde auf dem Alphorn gespielt und es herrschte ganz allgemein eine gelöste und freudige Stimmung. Von den insgesamt 239 gestarteten Athleten erreichten 217 das Ziel. Ihnen allen ganz herzliche Gratulation zum Finish und den Anderen den vollen Respekt, es versucht zu haben!

Finisher-Foto
Finisher-Foto


Yeah!!!
Yeah!!!


Gedanken
Der Swissman Xtreme ist eine familiäre und freundliche Veranstaltung in der das Erlebnis und das Miteinander im Vordergrund steht. Zeiten und Platzierungen sind eher Nebensache. Das zeigt sich auch darin, dass auf der Finisherliste keine Wettkampfzeiten sondern lediglich die Ankunftszeit auf der Kleinen Scheidegg aufgeführt ist und die Liste nach Vornamen sortiert wird. Mir persönlich kommt dies sehr entgegen, da ich der Jagd nach Sekunden wenig, der Herausforderung einer harten Streckenführung wie beim Swissman Xtreme hingegen sehr viel abgewinnen kann. Ich möchte mich selbst herausfordern, meine Grenzen kennenlernen (und verschieben) und am Tagesende das gute Gefühl haben, eine grosse Aufgabe mit Freude und Hingabe bewältigt zu haben. Das ist mir dank der Hilfe meiner beiden Supporter Melanie und Lothar und natürlich der Swissman Xtreme Crew prächtigst gelungen :-)

Ein paar Fakten
- Schwimmen 3.8km Brissago-Inseln - Ascona Lido
- Velo 180km Ascona (196m) - Gotthard (2106m) - Furka (2436m) - Grimsel (2165m) - Brienz (566m)
- Laufen 42.2km Brienz - Giessbachfälle (ca 700m) - Wilderswil - Zweilütschinen - Grindelwald Grund (960m) - Kleine Scheidegg (2061m)
- Gesamt Höhenmeter 5400m

Meine beiden tollen Supporter Melanie und Lothar - vielen vielen Dank für euere Hilfe!!!
Meine beiden tollen Supporter Melanie und Lothar - vielen vielen Dank für euere Hilfe!!!

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Comments

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erik on :

GEILE SIECH! BRAVO!!!

Rita on :

Härzligi Gratulation! Eifach super, was Du do für e Leischtig erbrocht hesch! Chapeau!!!

Martin on :

Herzliche Gratulation zu deiner Leistung.
Martin

Dominik Frey on :

Merci vielmol!

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